Berufsbild Gerichtsvollzieher
Der Gerichtsvollzieher (kurz: GV) ist ein Beamter mit der Aufgabe, Urteile und andere Vollstreckungstitel zwangsweise zu vollstrecken und Schriftstücke zuzustellen.
Primäre Aufgabe des Gerichtsvollziehers ist die Beitreibung titulierter Geldforderungen. Hierfür gibt es verschiedene Möglichkeiten die in §753 ZPO in Verbindung mit §802a ZPO benannt sind. Grds. hat der GV auf eine gütliche Einigung gem. §802b ZPO hinzuwirken (Zahlung, ggf. mit Einverständnis des Gläubigers, oder auch Einzug von Ratenzahlungen, vgl. §802b ZPO).
Der Gerichtsvollzieher kann auch in das bewegliche Vermögen ‒ z. B. Bargeld, Kraftfahrzeuge, Schmuck ‒ pfänden (Beschlagnahme). Allerdings hat er sich an die allgemeinen Pfändungsregelungen, insb. an das die Pfändungsverbote (§§811 ff. ZPO) zu halten.
Nach §802a ZPO in Verbindung mit §807 ZPO kann der GV nach einer erfolglosen – in der Amtssprache „fruchtlosen“ – Pfändung dem Schuldner sofort die Vermögensauskunft nach §802c oder §802d ZPO (früher: Offenbarungseid) abnehmen. Die Notwendigkeit einer vorherigen fruchtlosen Pfändung ist aufgrund des Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung seit dem 1. Januar 2013 nicht mehr gegeben. Vielmehr kann nach §802 a ZPO in Verbindung mit §802c ZPO der Gläubiger eine isolierte Antragstellung zur Abgabe der Vermögensauskunft durch den Schuldner gestellt werden. Bei dieser Vermögensauskunft muss über das Vermögen des Schuldners ein Verzeichnis erstellt werden und der Schuldner hat sodann die Richtigkeit an Eides statt versichern.
Mit der Abgabe der Erklärung des Schuldners wird dieser dann für zwei Jahre in das neue Schuldnerverzeichnis des jeweiligen Zentralen Vollstreckungsgerichts des jeweiligen Landes (ZenVG) eingetragen.
Kommt der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nach oder ist bei einer Vollstreckung in die dort aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht zu erwarten, so darf der Gerichtsvollzieher gem. §802l ZPO bei den zuständigen Stellen über den Schuldner folgende Informationen abrufen:
Arbeitgeber, zugelassene Kraftfahrzeuge, Bankkonten
Die Erhebung oder das Ersuchen ist jedoch nur zulässig, soweit dies zur Vollstreckung erforderlich ist.
Zu den weiteren Aufgaben des Gerichtsvollzieher gehören unter anderem die Zwangsräumung von Wohnungen und Grundstücken, die Austauschpfändung, die Verhaftung, die Beseitigung von Widerstand, die Vollstreckung von Herausgabeansprüchen und die förmliche Zustellung amtlicher und nicht amtlicher Schriftstücke (sog. Willenserklärungen).
Gepfändete Gegenstände kennzeichnete der Gerichtsvollzieher mit einem (aufgeklebten) Pfandsiegel, den sogenannten „Kuckuck“. Früher zeigte dieses ein Staatssiegel aufgedruckt (in Preußen: Adler); heute sind auf einem Pfandsiegel nur noch die Bezeichnung „Pfandsiegel“ und der Name des Amtsgerichts angegeben, dem der Gerichtsvollzieher angehört. Das unberechtigte Entfernen eines derartigen Siegels ist gemäß §136 Abs. 2 StGB als Siegelbruch strafbar.
Der Gerichtsvollzieher gehört zu den Organen der Rechtspflege und wird in einem ihm zugewiesenen Amtsbezirk tätig. Als Beamter erhält er sein Gehalt durch das jeweilige Bundesland. Zusätzlich steht ihm ein Teil der eingenommenen Gebühren als Vergütung als auch als Entschädigung für die Unterhaltung eines Geschäftszimmers und die Bezahlung eigener Angestellter zu. Da er aufgrund eines Titels handelt, besteht ein öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis zwischen ihm und dem Gläubiger der Forderung. Er handelt hoheitlich als Amtswalter. Rechtsgrundlage der Tätigkeit als Gerichtsvollzieher sind die Gerichtsvollzieherverordnung des jeweiligen Bundeslandes und die Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher. Hinsichtlich seiner Tätigkeiten sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung einschlägig.
Zur Durchsetzung seiner Befugnisse kann er unmittelbaren Zwang bis hin zur Zwangsräumung und Verhaftung gegen die Schuldner einsetzen, dabei kann er sich im Wege der Amtshilfe der Polizei bedienen.